Erstellt am / von Ulrike Pawel / in GESCHICHTE, VEREINSLEBEN

Nachruf: Ehrenmitglied Fritz Baum verstorben

Fliegerkamerad und Ehrenmitglied  Fritz Baum ist am 29. Oktober 2023 verstorben. Er war mit 94 Jahren unser ältestes Vereinsmitglied. Geistig fit, hat die Kraft seinen Körper leider stetig verlassen, so dass er immer mehr auf externe Hilfe angewiesen war und die letzten Jahre in einem Pflegeheim verbringen musste. Er konnte immer noch lachen, sehnte sich schlussendlich trotzdem nach Ruhe.

94 Lenze sprechen für ein langes und erfülltes Leben, welches sich rund um die Fliegerei gedreht hat.

Fliegerische Karriere

Fritz startet 1952 seine fliegerische Karriere zunächst beim SFG Biebrich. Fliegerisch flügge geworden, kaufte er gemeinsam seinen Fliegerkameraden Axel Homburg, Ernst Schwarz, Friedel Stiehl 1958 einen L-Spatz. „Ich durfte alles fliegen, Doppelraab, Ka3, aber mit dem Spatz durfte ich nicht starten,“ erzählte Fritz. Ein Grund: Seine knapp 2 m Körperlänge passten nicht in jedes Flugzeug auf Anhieb hinein. Mit Axel Homburg wurde Fritz Baum am 1. Juli 1959 Mitglied in der Bensheimer Segelfluggruppe. Der L-Spatz verwandelte sich kurz darauf in eine SF27, ebenfalls ein Holzflieger von Scheibe. Nach der Familiengründung mit seiner Frau Anneliese bereichern die Kinder Kirsten, Roland und Silke sein Leben und gleichzeitig den Flugplatz. Denn die Familie war während der Flugsaison fast immer auf dem vereinsinternen Campingplatz mit dabei.

Engagement im Verein und darüber hinaus

Ab Ende der 70er Jahre engagierte sich Fritz verstärkt im Verein: Er war maßgeblich an der Grundüberholung des Schleppflugzeuges „Elster“ ab 1977 beteiligt, wurde Motor- und Motorseglerwart, hatte neben seiner Schweißer- auch eine Flugzeugschweißer-Lizenz und übernahm von 1976-1980 sowie nochmals von 1984-1989 den zweiten Vorsitzenden. Sein Hauptbetätigungsfeld war bis ins hohe Alter die Werkstattarbeit, lange Zeit auch als Werkstattleiter. Viele Mitglieder der SFG führte er mit Geduld und Erfahrung in die Werkstattarbeit ein. Es war sein theoretisches Wissen gepaart mit hohem handwerklichen Geschick, seine Ausdauer und Beständigkeit, die zum Erfolg führten. Beim Hessischen Luftsportbundes übernahm er das Amt des Technischen Leiters des Lufttechnischen Betriebes (LTB) Darmstadt. Er war damit „Chef“ der vom HLB gestellten Segelflugzeugprüfer. Nun flog er seinen Speedastir („…mit größenbedingten persönlichen Umbauten, alles vom Prüfer abgestempelt!“) und erkundete mit seiner Super Dimona, die er gemeinsam mit Axel Homburg hatte, halb Europa.

Vereinstreue auch nach Ende der Fliegerkarriere

2004, nach über 52 Jahren, beendete Fritz seine aktive Fliegerkarriere, blieb aber weiterhin rege in der Werkstatt aktiv. Zusammen mit seinen Fliegerkameraden Hartmut Bauer, Mike Burger und Klaus Koser (verstorben 2018) bildete er den „Werkstattstammtisch“. Gemeinsam reparierten sie Fahrzeuge, Motoren, konstruierten und bauten nach Fritz‘ computergezeichneten Konstruktionsskizzen (CAD) viel Nützliches wie Hallenkuller, Rumpfdrehvorrichtung, Flugzeughebegestell usw. „Fritz war ein Pragmatiker. Sein Lieblingsspruch: ‚Es muss ungefähr stimmen, dann passt das auch‘ Und dann passte das auch tatsächlich“, erinnert sich Mike Burger. Immer wieder waren Fritz‘ Erfahrung und sein Wissen gefragt und immer wieder stand er unentgeltlich für den Verein bereit.

Auszeichnungen

Die Vereinsmitglieder verliehen ihm die goldenen Ehrennadel und ernannten ihn schließlich zum Ehrenmitglied, die höchste Auszeichnung.

Fritz bewahrte sich in allen Lebenslagen seinen – zum Teil gut gepfefferten – Humor wie auch seinen unbedingten Willen, Hindernisse zu überwinden. Er hatte sich von mehreren schweren Schicksalsschlägen (zunächst Tod seines Sohnes und dann seiner Frau) in den letzten Jahren und seiner nachlassenden Gesundheit nie unterkriegen lassen. Und auch wenn die Augen und die Feinmotorik nicht mehr so wollten wie sie sollten, sein Kopf war hell wach, rege aktiv. Beispielsweise entwickelte er mit 90 Jahren mit seinem CAD-Computerprogramm noch einen neuartigen Heißluftmotor (Hybridmotor), für den ihm ein Patent erteilt wurde.

Regelmäßig führte ihn sein Weg zum Bensheimer Flugplatz und sei es nur auf eine Apfelschorle und ein Stück Kuchen. Als dies zu seinem Leidwesen körperlich nicht mehr möglich war, blieb er weiterhin dem Verein und den Geschehnissen rund um die Fliegerei eng verbunden.

Aufmerksam lauschte er den Berichten aus Bensheim, vornehmlich seiner beiden Fliegerkameraden Hartmut Bauer und Mike Burger. Als er im Frühjahr von Diskussionen über eine neue Elektrowinde hörte, überraschte er beim nächsten Besuch seine Gäste: „ Ich hätte da ein paar konkrete Ideen zum Bau einer E-Winde…“. Seine Enttäuschung, dass es die schon fertig zu kaufen gibt, währte nur kurz, sogleich fragte er interessiert weiter nach technischen Details. Er blieb neugierig: „Die grauen Zellen wollen gefordert werden, sonst wird man noch ganz düddelig.“

„Es ist schön, wenn die nächste Generation den ‚Spirit‘, wie sie es nennen, weiterführen…“

Als sich Ina und Mattis, beides Enkel seines verstorbenen Zwillingsbruders, für die Fliegerei interessierten, lud Fritz sie auf seinen Bensheimer Flugplatz ein, um ihnen alles zu zeigen. Mit großer Freude und bescheidenen Stolz beobachtete er, wie sie sich im Vereinsleben integrierten und in ihrer Weise seine Begeisterung „Fliegen bzw. Flugplatz“ übernommen haben.

Mit Fritz verlieren wir einen guten Freund, wertvollen Wegbegleiter und ein hoch angesehenes Vereinsmitglied. Aber die vielen schönen, intensiven Erinnerungen bleiben.

 

 

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