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Erinnerungen an Wolfgang Franke

Unser Fliegerkamerad und Ehrenvorsitzender Wolfgang Franke ist am Sonntag, dem 20. September 2020, im Alter von 90 Jahren überraschend verstorben. Wolfgang war 1965 in die Segelfluggruppe Bensheim eingetreten.

Stolzer Besitzer eines A-Spatz 55

Schon 1966, noch bevor er seinen Luftfahrerschein erworben hatte, war er stolzer Besitzer seines ersten eigenen Segelflugzeugs, einem A-Spatz 55. Seine Frau Irmi, die selbst keine aktive Fliegerin war, hatte ihm den Spatz zum Geburtstag geschenkt. Sie gönnte ihm seine Flugleidenschaft und unterstütze ihn in den vielen gemeinsamen Jahren in allen seinen Aktivitäten.

Erfolgreiche Fliegerkarriere

Mit dem A-Spatz flog er im Streckenflug fast 300 km weit bis nach Reims in Frankreich und war mit ihm in Alpensegelflugurlauben in Varese und Innsbruck. Ein Höhepunkt seiner Fliegerkarriere war sicherlich im Jahr 1972, als er mit der SB5 in der Fönwelle in Innsbruck den Höhendiamanten für 5000m Startüberhöhung erflog. An Segelflugwettbewerben nahm er mehrfach, zunächst zusammen mit Alois Fries noch auf dem A-Spatz, später dann im Team mit Erhard Jatsch auf der gemeinsamen LS1c teil. Beim Südhessischen Vergleichsfliegen 1974 in Worms hatte Wolfgang dann einen folgenschweren Flugunfall.

Im Endanflug auf Worms zog er sich beim Absturz auf die Rheinwiesen so schwere Verletzungen zu, dass ihm kurze Zeit später ein Fuß amputiert werden musste. Trotz der daraus resultierenden Behinderung war seine Leidenschaft für die Fliegerei ungebrochen. Schon bald saß Wolfgang wieder im Segelflugzeug oder im Motorsegler und beendete erst im Jahr 2000 seine Fliegerlaufbahn.

Bereits sechs Jahre nach seinem Eintritt in unsere Segelfluggruppe Bensheim wurde Wolfgang zum Ersten Vorsitzenden gewählt und lenkte über 20 Jahre lang, von 1971 bis 1992, die Geschicke unseres Vereins.

Kabelbrand in der Vereinsbaracke

Kurz nachdem er das Amt von Otto Wünsch übernommen hatte, vernichtete 1972 ein Kabelbrand unsere Vereinsbaracke – samt Werkstatt, Flugzeugteilen, Winde und Rückholfahrzeugen. Dies war wohl das bisher einschneidendste Ereignis unserer Vereinsgeschichte. Die Vereinsmitglieder standen fassungslos vor einem Trümmerhaufen. Wolfgang verstand es damals mit Ruhe, Besonnenheit, Weitblick und unternehmerischem Geschick, zum einen erfolgreich mit der Brandversicherung und den Behörden zu verhandeln, zum anderen aber auch die Vereinsmitglieder in eine Aufbruchstimmung zu versetzen und zum gemeinsamen Neuaufbau zu motivieren.

Ihm standen bei der Umsetzung der ambitionierten Pläne maßgeblich und in unermüdlichem Einsatz Fritz Schader sen. und Klaus Koser sen. zur Seite. So wurde in einer einzigartigen Gemeinschaftsleistung durch Mithilfe aller Vereinsmitglieder die großartige Infrastruktur geschaffen, die wir heute genießen können.

Nach vier entbehrungsreichen Jahren, in denen praktisch nicht geflogen wurde und Mitglieder mehrere hundert bis über tausend Baustunden leisteten, konnten 1976/77 unser neues Vereinsheim und die Nebengebäude eingeweiht werden.

Damals und in den Folgejahren erwarb sich Wolfgang eine so hohe Anerkennung und unumstrittene Wertschätzung, dass der Verein ihn zum Ehrenmitglied und nach dem Tod von Otto Wünsch im Jahr 1998 zum Ehrenvorsitzenden ernannte.

Flugzeugmodernisierung

In seine Amtszeit fiel zum Beispiel der Kauf des ersten vereinseigenen Schleppflugzeugs, der Elster C. Mit der Anschaffung der ersten Kunststoffflugzeuge LS1-c (1973) und des Motorseglers Dimona H36 (1988) wurde der Flugzeugpark modernisiert und der Abschied von der herkömmlichen Holzbauweise eingeleitet.

Mit seinen außerordentlichen administrativen Fähigkeiten modernisierte Wolfgang die Verwaltungsabläufe und führte die erste computergestützte Buchhaltung ein.

Wolfgang war ein ruhiger, besonnener, auf Ausgleich bedachter Mensch, ein Mann der leisen Töne. Er war von allen geschätzt und anerkannt, weil er kompetente, durchdachte und umsetzbare Ziele formulierte, die den Verein voranbrachten. Den Zusammenhalt förderte er, indem er jedem Mitglied seinen Raum gab.

Seine Weggefährten während seiner Amtszeit als Erster Vorsitzender waren viele den Verein prägende Menschen: im Amt des Zweiten Vorsitzenden begleiteten ihn: Erhard Jatsch, Fritz Baum, Fritz Bingel und Fritz Schader jun. Kassenwart waren in dieser Zeit Horst Hörnig und Alois Fries, Schriftführer waren Karl Heinz Hahn, Werner Happel, Fritz Schader jun. und Marlies Schader.

20 Jahre plus Vorsitzender

Nach über 20 erfolgreichen Jahren beendete Wolfgang Franke im Jahr 1992 seine Laufbahn als Erster Vorsitzender unseres Segelflugvereins, wobei er sich aber keinesfalls in den sogenannten Ruhestand begab, vielmehr stellte er sich weitere 28 Jahre bis kurz vor seinem Tod in den Dienst des Vereins. Allen nachfolgenden Vorständen stand er vor allem in finanziellen und betriebswirtschaftlichen Fragen kompetent mit Sachverstand zur Seite und lotste durch das Dickicht der Vereinssteuergesetzgebung. Er half bis zuletzt bei jedem Jahresabschluss in der Buchhaltung mit. Als Ehrenvorsitzender war er regelmäßig bei den Vorstandssitzungen Rat gebend dabei, zuletzt in Zeiten von Corona sogar zugeschaltet in den Videokonferenzen. Als „wandelndes Archiv“ konnte Wolfgang mit Auskünften zu Verträgen, Absprachen und Gebäudeplanungsdetails den Vereinskameraden weiterhelfen.

Der „Laubfrosch“

Wolfgang war unbestritten jahrzehntelang die graue Eminenz unseres Vereins und zeigte sich immer loyal gegenüber dem jeweiligen Vorstand. Er arbeitete unauffällig im Hintergrund, kümmerte sich auch um die banalen Dinge, die getan werden müssen, um den Verein am Laufen zu halten: ob akribisches Ablesen der Strom- und Wasserzähler, die Überwachung des Heizölvorrats, das in Gang bringen sanitärer Anlagen oder das Rasenmähen mit unserem Laubfrosch rund um die Gebäudeanlagen.

Wir verlieren in Wolfgang Franke einen leidenschaftlichen Fliegerkameraden, der unseren Verein maßgeblich geprägt hat. Er wird uns immer ein Vorbild bleiben und uns daran erinnern, dass man mit Ruhe, Besonnenheit, Beharrlichkeit, Respekt und Toleranz gegenüber seinen Mitmenschen ein Vereinsleben erhalten kann, in dem wir uns als Segelflieger zu Hause fühlen. Wolfgang Franke wird nicht nur einen würdigen Platz in unserer Vereinsgeschichte, sondern auch als Mensch in unseren Herzen haben. Unser Mitgefühl gilt in diesen Stunden seinen beiden Töchtern Michaela und Barbara sowie ihren Familien