Erstellt am / von Ulrike Pawel / in JUGEND, VEREINSLEBEN

Alleinflug, Bärte mit 7,5 m und fliegende Feuermelder

Dieser Tag begann zwiegespalten: Wieder war hervorragende Thermik mit einer Spitzenbasis von 3000 m, bei Spitzentemperaturen von bis zu 38 Grad Celsius.

Eine größere Gruppe Flugschüler hatte den Tag aufgrund der Hitze neutralisiert. Doch die Abfahrt zum Badesee verzögerte sich: Christopher Halfman nutzte die ruhige Luft am Morgen und flog sich frei. Da durfte man das traditionelle Schinkenklopfen (um die Feinfühligkeit für künftige Thermikflüge zu verbessern) und die anschließende Gratulation natürlich nicht verpassen.

 

Fliegerlager, Tag 10, Dienstag: Warten lohnt sich

Für die Streckenflieger war wieder mal Warten angesagt. Die ersten Wölkchen zeigten sich erst mittags im Odenwald. Der erste Schlepp ging hoch und tief in den Odenwald bis fast an die Tromm (Höhenzug Odenwald). Lukas Etz, der erste Pilot:„Nach dem „Rockefeller-Schlepp“ glitt ich die ersten Kilometer bis zum Marbachsee. Dort, endlich, fand ich den ersehnten Aufwind, der mich schließlich auf weit über 2000 m katapultierte.“ Den Mut, einfach loszugleiten und auf die Thermik bei Michelstadt zu vertrauen, hatte nicht jeder. Und so waren die einen schon in Höhen von bis zu 2900 m im Kühlen auf Kurs, stiegen mit bis zu 7 m/sec, während die anderen zwischen Lindenfels und Krehberg in 800-1200 m in brütender Hitze verbissen um jeden Höhenmeter kämpften. Die Ausdauer wurde belohnt: Endlich bildete sich auch in der Ebene und an der Bergstraße die Thermik richtig aus und einem weiteren schönen Streckenflugtag stand nichts mehr entgegen.

 

„Der Pfälzer Wald brennt“

Ein Streckenflieger betätigte sich als Feuermelder. Matthias Neubacher: „Ich war über Worms, als ich am Pfälzerwald bei Bad Dürkheim eine Rauchentwicklung wahrnahm. Ich hatte ausreichend Höhe und bin hingeflogen. Es bestätigte sich und ich gab die Meldung über Langen Info weiter, die sich dann um alles kümmerten. Tja, und dann war meine Höhe plötzlich dahin und ich wäre fast noch abgesoffen.“ Es war die Erstmeldung über einen „100 x 200 m großen Bodenbrand, der bis in die Baumwipfel reichte. 120 Feuerwehrmänner konnten das Feuer nach zweieinhalb Stunden löschen.“ („Die Rheinlandpfalz“, online).

Schon Tage zuvor meldete eine Segelfliegerin eine unklare Rauchentwicklung in einem Wäldchen nahe Rosengarten über Funk. Auch hier klärte die örtliche Feuerwehr die Situation.

Sprüche:

  • Rückschieben nach dem ersten Alleinflug; „Bei so vielen Leuten könnten wir die ASK21 auch tragen. Dann würden wir wenigstens im Schatten laufen.“
  • Fluglehrer zu Flugschülern: „Die 21 (gemeint: Typ ASK21) an den Start. Was ist mit dir, willst du nicht fliegen?“ – im Schatten ruhender Schüler:“Doch, aber ich bin für die acht eins (gemeint: Kennzeichen D-9181) zuständig, nicht für die 21.“ Fluglehrer: „Aha. Sicher?“ Schüler: „Oh, die 21 ist ja die acht eins. Na gut, ich geh‘ schon.“
  • Fluglehrer zum frischgebackenen Freiflieger, eine Weile nach dem Schinkenklopfen:„Wie kannst du jetzt schon wieder auf deinem Hintern sitzen?“
  • Und, was bist Du geflogen?“ „Völlig unmotivierte 690 km.“ „Ah, lass mich raten und natürlich hättest du noch besser sein können, wenn du nicht da oder dort die Fehlentscheidung getroffen hättest.“
  • 7,5 m integriert. Verrückt“ – „Wolkenbasis östlich Walldürn: Fl100. Das habe ich noch nie erlebt! Wahnsinn“

 

Tag 11, Mittwoch: Endlich ganz normaler Schulungsbetrieb

Der Himmel bedeckt, kräftiger Wind auf die Bahn, genau das richtige Wetter für einen ganz normalen Schulungsbetrieb. Andreas Krimmer und Günter Keser aus Grevenbroich sowie ihre Bensheimer Kollegen Axel Allgaier, Matthias Neubacher hatten als (ehrenamtliche) Fluglehrer gut zu tun. Während des Fliegerlagers kamen tageweise weitere Bensheimer Fluglehrer zur Unterstützung hinzu: Andreas Boml, Klaus Schaefer, Mark Mohler, Moritz Schmiede und Hans Rau. So konnten alle Fluglehrer während der 14 Tage auch mal privat ihrem Hobby „Segelfliegen“ nachgehen.

Die Schulung verlief insgesamt sehr erfolgreich: Neben dem Freiflug und der A-Prüfung von Christoph Halfmann konnten Arnika Schader und Franziska Pawel auf einem neuen Flugzeugtyp (Einsitzer LS4) umschulen, Lukas Groß aus Grevenbroich legte seine C-Prüfung ab, Daniel Bokler, Fabian Mecking (beide Grevenbroich) sowie Marvin Boml nutzten das Wetter für die Überlandeinweisungen. Diverse Flugzeugschleppberechtigungen wurden erneuert oder neu erworben. Zu guter Letzt am Ende des Lehrgangs erlangte Christian Max Wagner auch noch seine Kunstflugberechtigung. Kunstfluglehrer Matthias Neubacher nahm die praktische Prüfung ab.

Ganz alltäglich war der Flugbetrieb an diesem Mittwoch dann doch nicht: Die Deutsche Flugsicherung meldete sich plötzlich zu Wort: Die angemeldete Kunstflugbox schneide ein Gebiet Schwanheim/Langwaden an, in dem man zwei größere Weltkriegsbomben entschärfen müsse. Kein Problem, kurzzeitig wurde daraufhin die reguläre Ostplatzrunde westlich des Platzes verlegt. Ein dumpfer Knall war zu hören, dann kam auch schon die Entwarnung der Flugsicherung und der Betrieb ging normal weiter.

Lightshow

Ein besonderes Schmankerl für die Gäste gab es am Abend: eine fantastische Light-Show. Zunächst tauchte die Bergstraße in goldenes Abendlicht, dann kam der Einsatz der farbenfrohen Regenbögen und zum Einbruch der Dunkelheit flackerte über dem Odenwald eine abwechslungsreiche Discobeleuchtung.

Sprüche:

  • Kunstflugschulung hat auch Vorteile.“ – „Welche?“ – „Jeden Morgen wird die ASK21 von den Kunstfliegern vollständig ausgesaugt. So sauber wie jetzt war sie schon lange nicht mehr.“
  • Junior, 8 Jahre alt: „Oh wie geil, es gibt Freibier!“ – „Moment, du darfst doch noch gar kein Bier trinken!“ – „Aber Cola!“
  • Es überkommt mich ein kühles Schauern, das erste Mal seit Tagen. Ob ich mir noch ein Jäckchen hole?“ – „Ja, es hat merklich abgekühlt.“
  • Hallo Uwe. Und wie ist es so mit der Damenmeisterschaft parallel in der Qualimeisterschaft mitzufliegen?“ „Schön, und die Damen sind gar nicht so zickig, wie es immer beschrieben wird. Im Gegenteil, die sind richtig nett.“

 

Tag 12, Donnerstag: Fliegerfreundschaften

Der Nachwuchs in unserem Falkenkasten ist flügge geworden. Die Jungfalken sitzen nun auf den umliegenden Bäumen oder auf der Halle und warten darauf, dass die Elterntiere Futter vorbeibringen.

Ein Jungfalke hat sich einen besonderen Ansitz ausgesucht: ein aufgerüsteter Nimbus 3 (Spannweite über 25 m). Mal saß er auf dem Leitwerk, mal auf dem Flügelende, von wo aus er seine ersten Jagdversuche im Gras startet und Flugübungen absolvierte. Nicht jede Landung auf dem großen Kollegen glückte auf Anhieb, aber die Zuneigung blieb. Auch als der eigentliche Eigentümer kam, um mit dem seltsamen weißen Vogel zu fliegen, blieb er ohne Scheu in direkter Nähe. Möglicherweise ist das der Beginn einer wunderbaren Flieger-Freundschaft.

Die Nachwuchspiloten aus Grevenbroich und Bensheim vertieften ebenfalls ihre Freundschaft: Sei es bei gemeinsamen Badeaktionen, Festivalbesuch, Fußball- und anderen Spielen oder einfach beim gemütlichen Klönen auf der abendlichen Terrasse.

Spiel, Spaß und Arbeit

Neben Spaß und Spiel wurde im Übrigen auch einiges „geschafft“: Hermann Landgraf bereitete die frisch überholte Dimona (siehe Artikel zuvor) für die offizielle Abnahme durch den Sachkundigen des Luftfahrtbundesamtes vor. Prüfung bestanden, die Dimona ist wieder einsatzbereit.

In einer Nach-ohne-Nebel-Aktion nach dem Flugbetrieb befreite die Jugend die Landebahnmarkierungen vom Wildwuchs der Wiese. So konnten zwei Flugschüler Tags darauf, ebenfalls nach dem Flugbetrieb bis spät in die Nacht, die Markierungen der Hauptbahn frisch streichen.

Und zu guter Letzt reparierten einige Flugschüler unter Aufsicht des Werkstattleiters bei dem Doppelsitzer G103 den losen Schlauch des Fahrtmessers. Da der Schlauch sich an der ungünstigsten Stelle, nämlich im Rumpf, gelöst hatte, waren dazu umfangreiche Ab- und Ausbauten nötig. In der gut gewärmten Halle bei 36 Grad Celsius eine wahrlich schweißtreibende Angelegenheit. Aber am Abend stand das Flugzeug wieder zur Verfügung. Zwei Tage später standen im Bordbuch der G103 für das Jahr 2018 stolze 103 Flugstunden!

Sprüche:

  • Und wie fliegt die Dimona jetzt mit neuem Motor?“ – „Geht ab wie Schmitts Katze“
  • Rückholer-Telefonat: „Hallo Lukas. Was machst du heute Abend ?“ – „Hallo Felix. Ha, ich werde Auto fahren. Ich weiß nur nicht, wohin.“
  • Oh die Ka8 hat Warp-Antrieb, sie ist jetzt schon in der Zukunft geflogen.“ (Falsches Datum im Bordbuch eingetragen)
  • Pilotin nach dem ersten LS4-Start: „Ich konnte mich auf 2400m hochkurbeln. Da hätte ich die 50 km locker abgleiten können. Aber ich musste ja am Platz bleiben.“
  • Beim abendlichen Flugzeugwaschen: „Wasser ist wirklich knapp.“ – „Wie kommst du ausgerechnet jetzt darauf?“ „Die Insekten saugen gierig die Wassertropfen von den Flügelflächen…“

 

Tag 13, Freitag

Es wurde nochmals richtig heiß: Aber man nutzte den letzten Tag trotzdem für schöne Streckenflüge, Alleinflüge und zur Vervollständigung der Kunstflugberechtigung.

Uwe Wahlig beendete die Qualimeisterschaft der 15m-Klasse in Lachen-Speyerdorf mit einem 6. Platz und ist qualifiziert. 2019 kann er somit an zwei Deutschen Meisterschaften teilnehmen: sowohl in der Clubklasse als auch in der 15 m Klasse. „Aber für die 15m Klasse brauche ich dann doch ein anderes Flugzeug als die LS3. Vielleicht der vereinseigene Ventus,“ sinnierte der zufriedene Pilot.

Am Abend rüsteten die Gäste ihre Flugzeuge ab um sie für die Heimfahrt am nächsten Morgen abfahrtbereit zu haben. Die Bensheimer bereiteten währenddessen das Abschlussfest vor: Spanferkel mit Lorscher Faßbier (eine freundliches Spende der Gäste) und passend zum karibischen Wetter eine Cocktailbar. Die Auswahl an Cocktails war zwar überschaubar, aber die Caipirinas legendär…

So fand ein außergewöhnliches Fliegerlager nach fast 800 Starts seinen gelungenen Abschluss. Dank an alle Beteiligten, die durch ihren ehrenamtlichen Einsatz als Fluglehrer, Flugleiter, Windenfahrer, Schlepppilot usw. diese Erlebnisse erst ermöglichten.

Statistik

Für die Statistik-Fans hier noch ein paar Zahlen:

Gesamtstartzahl: 793
höchste Startzahl an einem Tag: 99 (25.7.)
geflogene Gesamtstrecke (gemeldet im OLC, Startplatz Bensheim): 30.825 km

Alleinflug: Christoph Halfmann
Umschulung LS4: Arnika Schader, Franziska Pawel, Nelson Terlinde und Christoph Halfmann (beide am letzten Wochenende)
C-Prüfung: Lukas Gross
Überlandeinweisungen: Fabian Mecking, Daniel Bokler, Marvin Boml
Kunstflugberechtigung: Christian Max Wagner

Max. Temperatur: 37 Grad Celsius (30.7., 31.7., 03.08.)
Niederschlagsmenge: 2 mm (1mm 22.07.; 1 mm 1.8.)

Wespenstiche: 5