Erstellt am / von Ulrike Pawel / in FLUGBETRIEB, JUGEND

Genussfliegen statt Rekordjagd: Finale Fliegerlager

Der Frühnebel hat sich verzogen, die Sonne lächelt freundlich am Himmel und lässt den gestrigen Regen fast vergessen. Ein Strahlen im Gesicht des heutigen Wetterreferenten lässt Gutes erahnen. Tatsächlich hört sich der Wetterbericht gut an: Steigwerte bis max.1,5 m, Basis bis max. 2000 m. „Ist das vielleicht Bensheim?“ – Nein, das ist tatsächlich die Vorhersage für Ohlstadt.

Es wird aufgerüstet, was die Bensheimer Hänger hergeben. Verdächtig ist jedoch, dass kaum ein einheimischer Segelflugpilot blicken lässt. Ob sie sich von der Restfeuchte des gestrigen Regens abschrecken lassen? Egal, der weißblaue Himmel lädt ein, wir kommen! Der Pilot der Schleppmaschine steht bereit.

Doch zunächst startet der Windenbetrieb. Tatsächlich gibt es seit längerem wieder einen Seilriß. Erstmalig in diesem Lager war es „nur“ die schwarze Sollbruchstelle. Die ersten Flugschüler finden Thermik. Der Schlepppilot wartet auf seinen Einsatz. Die Damen und Herren Streckenflieger beschließen, zunächst einen Versuch an der Winde zu wagen. Wer wagt gewinnt, alle bleiben hängen, auch wenn die Basis nicht wirklich hoch ist. Die Wege führen über das Voralpengebiet, die Strecken selbst – bescheiden (um die 200 km). Aber die Aussicht auf die türkisblauen Seen, eingebettet in grüner Landschaft mit den silbrig schimmernden Gipfeln im Hintergrund entschädigt.

Frustriert packt der Schlepppilot zusammen und zieht hungrig von dannen. Für Kaffee und Kuchen hätte er sich zum Windenstart begeben müssen…
Am Abend werden alle Einsitzer abfahrtbereit eingepackt, denn für den letzten Tag ist ab Mittag wieder mit Regen zu rechnen.

Der letzte Tag

Am nächsten Morgen wird gleich zügig mit der Doppelsitzerschulung gestartet. Auch die Dimonapiloten fliegen früh Richtung Heimat ab (und schicken nach ihrer Ankunft die schönsten Sonnenscheinbilder per App…).
Tatsächlich hält sich das Wetter exakt an die DWD-Vorhersage und beginnt pünktlich um 13:30 mit dem Niederschlag. Zunächst pausiert der Flugbetrieb, da ein hoffnungslos optimistischer Fluglehrer an seine „Fußgänger-Wettervorhersage“ glauben möchte, nach der um 14:00 h wieder die Sonne scheinen sollte. Nachdem nicht nur der Windenfahrer von einer „angsteinflößenden schwarzen Regenwand mit zuckenden Blitzen Richtung Garmisch“ berichtet, alle anderen Wetterapps und Wetterradars einheitlich Dauerregen anzeigen, wird die ASK21 frisch gewaschen eingepackt.

 

So bleibt genügend Zeit, den Abschlussabend vorzubereiten: Die Küche und der Aufenthaltsraum werden auf Vordermann gebracht, zusätzliche Tische und Bänke aufgestellt. Ein Trupp kümmert sich um die Getränkeversorgung, weitere kaufen die Zutaten für das Grillen. Fluglehrer schnipseln Grünzeug, andere mischen Salate, am Ende steht ein leckeres Büfett bereit.
Ein banger Blick geht zum Himmel: Ob der Regen rechtzeitig aufhört? Kaum zu glauben, aber pünktlich um 19:00 h stoppt der Regen, das Feuer kann entzündet werden und kurz darauf brutzeln delikate Steaks und Würstchen auf dem Grill. Die Grillmeister Andy, General und Max sind in ihrem Element. Es wird (wieder) ein netter, gemütlicher Abend.

Der Abschied am Samstag Morgen fällt kurz und schmerzlos aus. Schon brauen sich dunkle Wolken hinter dem Gebirge auf, wir dagegen fahren der Bensheimer Sonne entgegen.

Fazit

Es war ein abenteuerliches Fliegerlager mit vielen Überraschungen unterschiedlichster Art, abwechslungsreichem Aktivitäten abseits Fliegen (Römerlager, Bergwanderungen, Partnach-Klamm, Teufelsklamm, Glenleiten, Therme, Seen, Museen, Kaffeehausbesuche….) und durchweg guter Stimmung innerhalb der Gruppe, trotz durchwachsenem Wetters.

Die Umstände ließen weder eine höhere Startzahl noch einen Freiflug zu. Doch die Flugschüler profitierten von dem anspruchsvollem Gelände: Sie konnten beispielsweise dank der gewellten Bahn sowohl Bergab- als auch Bergauf-Landungen gefahrlos üben. Eine Erfahrung, die ihnen an anderen Flugplätzen oder später bei einer Außenlandung hilfreich sein kann. Genauso trainierte das ungewohnte Horizontbild mit hohen Bergen und Hangkanten oder das gegenüber der Umgebung erhöhte Landefeld das fliegerische Geschick.

Für ambitionierte Streckenflüge tief in die Alpen hinein war es nicht ganz der richtige Zeitpunkt. Trotzdem nutzen einige die Gelegenheit, sich vorsichtig etwas an die Berge heranzutasten und/oder die Aussicht über die vielfältige Landschaft zu genießen.

Veni, vidi, vici (Ich kam, sah, siegte) wie Julius Cäsar sagen würde…

Weitere Zitate

  • „Oh mein Co hat aufgerüstet und will fliegen. Da muss ich schnell mein Handy ausschalten. Sonst muss ich ihn gleich wieder vom Acker holen.“
  • „Wo ist das Messer?“ „Wen willst du umbringen?“ „Niemanden. Ich will den Kuchen schneiden.“ „Wir haben nur Kaffeelöffel, aber damit kannst du dir auch ein Stück ‚abschneiden‘, das machen wir die ganze Zeit schon so.“
  • „Warum habt ihr so hohe Landegebühren für fremde Motorsegler, selbst wenn sie hier 14 Tage stationiert sind?“- „Lärmschutz! –  Warum macht ihr eigentlich so extrem wenig F-Schlepps?“- „Lärmschutz!“
  • „Mist. Ich hab‘ meine (Computer-) Maus vergessen.“- „Schau mal in der Küche. Da laufen genügend rum!“
  • „Also meine App sagt, ab 14:00 h scheint wieder die Sonne.“-“Ja aber schau doch mal hoch zum schwarzen Himmel rauf. “ – „Wir warten, das ist gleich vorbei.“ -“Guck mal auf dieses Regenradar oder diese Wettervorhersage: das regnet bis heute Abend!“ – „Ah, gerade hat sich meine App aktualisiert: es regnet. Ok, wir packen ein“
  • „Es regnet mehr oder weniger“ -“Im Moment gerade mehr, viel mehr!“
  • Zwischen den Bullis, unter den Regenplanen: „Ich glaube, heute haben wir uns mit dem Wetter etwas vertan.“ – „Etwas????“-“Hm. Oh, eine große Wasserbeule. Ich drück die mal sicherheitshalber raus.“ Das rausschwappende Wasser trifft die darunter sitzende Kristina mit der Breitseite.  “Oh Sorry! Ist wohl heute nicht ganz mein Tag. Na ich geh mal los und helf‘ den andern beim Feuermachen….“ „Nimm’s nicht persönlich, aber bitte lass‘ es. Nicht auch noch Feuer.“
  • Am Sonntag in Bensheim „1900 m auf dem Höhenmesser und wieder richtig Luft nach unten. Ist doch irgendwie beruhigender, als wenn einem die Wanderer ins Cockpit winken oder einem die Eichhörnchen entgegengrinsen.“