Erstellt am / von Ulrike Pawel / in FLUGBETRIEB, WETTBEWERB

Spannende Aufholjagd im Hangwind: Liga Platz 6

40.309 Kilometer, ein Mal um die Erde – so viele Kilometer haben die Bensheimer Segelflieger seit dem verspäteten Saisonstart bis zum vergangenen Sonntag schon in der Luft zurückgelegt und dokumentiert.

Wetterbedingt standen jedoch am vergangenen Wochenende nicht die großen Streckenflüge im Vordergrund: „Auffrischender Wind aus westlichen Richtungen, später Durchzug einer Kaltfront…“, das hörte sich sehr nach Hangwind an der Bergstraße an: Trifft der Wind aus Westen auf die Hangkanten des Odenwaldes, bilden sich an dieser Hügelkette (ca. 60 km, etwa von Darmstadt bis Heidelberg) parallele, stationäre Aufwindfelder, welche die Segelflieger nutzen können. Voraussetzung ist, dass der Wind gleichmäßig sowie stark genug aus der richtigen Richtung (West) bläst und durch keine sonstigen thermischen Aktivitäten gestört wird.

Nachdem an dem Wochenende zuvor bundesweit gutes Streckenflugwetter war und Bensheim bei der starken Konkurrenz in der Segelflugbundesliga „nur“ im Mittelfeld (Rundenplatz 42) landete, war jetzt die Gelegenheit zur Aufholjagd. Denn Hangwind ist nicht überall, aber schlechte Thermik war flächendeckend vorhergesagt…

Und so machten sich mehrere Piloten startklar. „Am Anfang war es kniffelig: zum Teil kam der Wind noch etwas zu spitz aus Süden, außerdem pfuschte die Thermik dazwischen. Aber das besserte sich, als die Abschirmung rein kam,“ berichtet Pilot Peter Simon.

Foto: Hangflug am Melibokus Blick Richtung Süden: Bensheim (Foto: Uwe Wahlig)

Pilot Uwe Wahlig nutzte den Mix aus Thermik und Hang am geschicktesten und konnte innerhalb der Liga-Wertungszeit von 2,5 Stunden die schnellste Durchschnittsgeschwindigkeit (92 km/h) für Bensheim vorlegen. Dabei bewegte er sich in einem Höhenband zwischen 700 und 1500 m MSL.

Eine Etage tiefer (450-750 m MSL) zeigte das Team OM mit Klaus Schäfer und Stefan Schneider wie man an der Hangkante entlang den Wind ausnutzt und potentiellen Höhengewinn in Geschwindigkeit umsetzt: Durchschnittsgeschwindigkeit knapp 130 km/h! Sie starteten etwa eine Stunde später als die anderen, doch als sie den Flug beenden mussten, waren die 2,5 h Wertungszeit noch nicht voll. So kamen gemittelt „nur“ knapp 80 km/h am Ende heraus. Sie waren damit langsamer als Felix Maier, der den dritten Wertungsflug beisteuerte.

Immerhin waren sie nicht die einzigen, die in diesem Moment landen mussten. Schuld war die angekündigte Kaltfront. Entgegen der klassischen Lehrmeinung kam sie nicht mit lautem Getöse, Gewitter oder Sturm. Im Gegenteil, sie schlich sich regelrecht heimlich an. Nur ein Blick auf den Taupunkt, der von morgendlichen schwülen 20°C bis nachmittags auf angenehme 12°C fiel, und die sich plötzlich verbessernde Fernsicht ließ den aufmerksamen Beobachter etwas erahnen.

Diese Kaltfront setzte, möglicherweise aufgrund der Coronabestimmungen, vor ihrer endgültigen Ankunft an der Bergstraße eine Mund-Nasenbedeckung auf. Jedenfalls ließ der Wind plötzlich stark nach, die Aufwindfelder verschwanden, Hangflug war nicht mehr möglich, Thermik keine vorhanden.

Foto: Das feuchte Ende…

Aber nicht genug damit: Die Front nahm es mit den Hygienevorschriften ganz genau und bescherte den frisch gelandeten Flugzeugen inklusive Piloten und Personal eine ausgiebige Wäsche in Form von anhaltenden Regen.

Doch die Bensheimer hatten es geschafft: In der Qualiliga konnten sie in dieser 5. Runde auf Platz 3 satte 48 Punkte einfahren und sich auf Tabellenplatz 6 vorschieben. Damit befinden sie sich jetzt in der Aufsteigerzone für die 2. Bundesliga.

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