Erstellt am / von Ulrike Pawel / in VEREINSLEBEN

Wellenflugtreffen: Segelfliegen im Winter

Nach der langen Coronapause begrüßte der Bensheimer Segelflugreferent Lukas Etz zahlreiche interessierte Segelflieger aus dem Rhein-Main-Neckargebiet (oder auch weiter weg) zum gemeinsamen Austausch zum Thema Wellen-, Hangflug und allgemein Winterfliegen. Unter den Gästen waren viele Neulinge, die hier fundierte Informationen aus erster Hand bekamen.

Den Gästen boten sich spannende Vorträge und persönliche Gespräche

Thomas Buch vom Deutschen Segelflugverband e.V. stellte den neuen Segelflugsektor „Haardt“ am Rande des Pfälzer Waldes für die Rheintalwelle vor (vergl. NFL 2022-1-2635). Ausführlich wurde das Prozedere diskutiert und die Möglichkeiten eines koordinierten Anmeldeverfahrens, eventuell webbasiert oder per WhatsApp-Gruppe, eruiert. Buch (wie auch die nachfolgenden Referenten) lobte dabei ausdrücklich die Langener Fluglotsen und deren Kooperationsbereitschaft beim Thema Welle und Segelflieger. „Das ist nicht selbstverständlich. Deshalb gilt: Lasst uns miteinander sprechen, gerade auch mit den Kolleginnen und Kollegen der Flugsicherung. Auf ein weiterhin gutes Miteinander.“

Faszination Wellenfliegen (Foto: F. Maier)

Andreas Maurer (DJK Landau) referierte anschließend über das „Wellenflugparadies Rheintal“. Anhand toller Bilder zeigte er die Schönheit („Einfach geile Optik…“) und die Faszination („So kleine Hügel, so große Höhen erreichbar…“) dieses Fliegens. Als erfreuliche Botschaft stellte er kurz den noch jungen französische Segelflugsektor bei Colmar vor (seit 2020, zeitweise aktiv), der nun die Nutzung der Vogesenwelle und damit zusätzliche Wellen-Streckenflüge ermöglichen könnte.
Kritisch beleuchtete er die Gefahren wie Sauerstoffversorgung in extrem großen Höhen („Die Aussicht aus 6000 m unterscheidet sich nicht wesentlich von der in 8000m. Aber bei einem Defekt der Sauerstoffsysteme in 6000 m hat man noch sehr gute Überlebenschancen…“), extreme Kälte für Mensch und Material sowie Verlust der Bodensicht, wenn plötzlich Feuchtigkeit für eine dichte Wolkendecke sorgt. „Quintessenz: Gute Vorbereitung ist unerlässlich. Der erste Wellenflug sollte nur in Begleitung eines erfahrenen Piloten stattfinden. Und bei aller Euphorie: Stets auf der Hut bleiben.“

Meteorologe Dr. Ralf Thehos (SFG Bensheim) stellte in seinem Kurzreferat verschiedene Vorhersagemodelle bzw. -Quellen für den Wellenflug vor. Die Wellenflugmodelle seien sehr viel zuverlässiger als die Thermik-Vorhersagen. „Verdächtige“ Wetterlagen kündigen sich oft schon ein paar Tage vorher an, so dass man sich vorsichtig vorbereiten könne. „Ansonsten schaut einfach in die einschlägigen sozialen Medien wie der Facebook-Gruppe der Wellen- und Hangflugverrückten. Da werden entsprechende Infos häufig frühzeitig ausgetauscht.“

Oliver Bimber (FSV Gießen) präsentierte in seinem informativen Vortrag „Segelfliegen im Winter – Auf dem Weg zur Normalität“ u.a. weitere Hang- und Wellenfluggebiete inklusive Tipps zu den entsprechenden Flugplätzen. Beispielsweise sei der Ith (je nach Wetter und Können, mit dem sich anschließenden Wiehengebirge und der Porta Westfalica), dank der Topografie und den vielen Außenlandemöglichkeiten für Einsteiger als Hang- und Wellenflugrevier geeignet. Der Wehmutstropfen: Bei passendem Wetter müsse man mit entsprechend hohem Verkehrsaufkommen rechnen. Dagegen ist der Startplatz Witzenhausen für die Werratal- bzw. Hohe Meißnerwelle aufgrund der starken Turbulenzen nur etwas für wirklich Geübte, aber auch spannend, wenn der Sprung an den Thüringer Wald (und hoffentlich zurück) gelinge. „Möglichkeiten zum Winterfliegen gibt es einige. Für Streckenflieger bedeutet das neue Herausforderungen abseits bekannter Wege, für den Nachwuchs ein Extra-Sahnehäubchen und für die „Normalos“ eine Horizonterweiterung neben dem klassischen Thermikfliegen. Dagegen stehen der Aufwand (längere Anfahrtswege, frühes Aufstehen, umfangreiche Ausrüstung, frostfeste Verpflegung…) und eingefahrene Vereinsstrukturen (Winterarbeit). Aber warum nicht neue Pfade gehen bzw. fliegen… “

Segelfliegen im Winter in der Rheintaler Ostwelle (Foto M. Althaus)

Zum Abschluss entführte Michael Zistler ( FSV Nagold) in das Wellenfluggebiet des Altvatergebirge zum Wavecamp nach Jesenice/Tschechien. Nach seinem enthusiastischen Vortrag wusste jeder, warum man im Herbst fast 1000 km mit einem Hänger fährt, zu nachtschlafender Zeit den Flieger aufrüstet, um dann zum Sonnenaufgang startbereit und verpackt wie ein Michelinmännchen auf die perfekte Welle zu warten. „Was gibt es Schöneres, als mit Gleichgesinnten so fantastische Erlebnisse zu haben…“
Dessen ungeachtet berichtete er ohne Beschönigung von grenzwertigen Situationen, wenn man sich beispielsweise aus lauter Begeisterung zu risikoreichen Flugmanöver hinreißen lässt, um ein Foto zu schießen. Oder, wenn der Motor des Motorseglers aufgrund der niedrigen Temperaturen in der Höhe just im entscheidenden Moment beim Heimflug den Dienst versagt und das passende Außenlandefeld fehlt… „Ein Hoch auf die FIS, die helfen einem wirklich, wenn’s eng wird. Ohne die wäre ich vielleicht heute nicht hier.“ Und das wäre schade gewesen.

Dank an alle Referenten und Beteiligte.

Weiterführender Link:

https://www.schwerewelle.de

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