Erstellt am / von Ulrike Pawel / in VEREINSLEBEN

Erster Bensemer Streckenflugstammtisch

Streckflugstammtisch – eigentlich ein Widerspruch in sich: Denn echte, d.h. ambitionierte Streckenflieger sitzen am Freitag Abend nicht Sprüche klopfend in der Kneipe, um sich ein Bier nach dem anderen einzuverleiben. Ein dicker Kopf ist kontraproduktiv. Sie bereiten sich vielmehr akribisch auf ihren Flug am den nächsten Tag vor.

„Genau darum geht es: Gemeinsam das fliegerische Wochenende planen: Wetteranalyse, Mannschaft, Ausrüstung, Flugroute, Taktik, usw. Aber neben der Klärung der organisatorischen Fragen geht es vor allem um den fachlichen Austausch,“ so Segelflugreferent und Initiator Peter Simon zur Begrüßung. Also nur was für Profis? „Nein, jeder ist willkommen. Von positiven Erfahrungen profitieren alle. Bei manchen, negativen Erfahrungen ist man dagegen froh, wenn sie nur einer machen musste und er den anderen darüber berichten kann. Auf diese Weise lernen alle aus den Fehlern Einzelner.“ So sollen auch einzelne Flüge gemeinsam analysiert und besprochen werden. Gerade für Streckenfluganfänger sei diese Reflexion ein wertvolles Werkzeug, um sich zu verbessern.
Für echte Profis sei es wichtig, den Tag früh zu nutzen und nicht erst am späten Vormittag zu Beginn des üblichen Schulungsbetriebes. Da sei es sinnvoll, alles am Vorabend schon zu planen und die Teams inkl. Startmannschaft rechtzeitig aktiviert zu haben.

Rückblick

Zum Einstieg gab es einen kurzen Rückblick in die Vergangenheit. Bis Ende der 80er Jahre erfolgte die Dokumentation der Streckenflüge mit Hilfe von (Papier-) Barogrammaufzeichnungen, Fotos und Formularen. Jeder Flug musste vorab mit allen Wendepunkten genau festgelegt werden und ausgeführt werden. Spontane Änderungen aufgrund von Wettergeschehnissen führten zur kompletten Nicht-Wertung des Fluges. Die Auswertungen dauerten Wochen und am Ende des Jahres wurden die Ergebnisse der Gesamtwertung veröffentlicht. Damals waren 300 km eine bemerkenswerte Leistung, alles über 500 km eine echte Sensation.
Die große Wende kam mit der Einführung der digitalen Flugdokumentation über GPS-Daten Anfang der 90er Jahre. Jetzt konnte man seine eigenen Daten direkt selbst auswerten, den Flug reflektieren, der Trainingseffekt wurde verbessert. Eine weitere Steigerung erfolgte um die Jahrtausendwende durch den online-contest (OLC), einer frei zugänglichen, Internet basierten Datenbank, in der die Flüge einfach am Abend übertragen werden. Hier können zum Einen auch der Flüge eines anderen Piloten analysiert werden (was hat der anders gemacht als ich? Wo ist der entlang geflogen?…). Als zusätzliche Neuerung kam der freie Flug dazu, d.h. der Streckenflug ohne vorab angekündigte Wendepunkte. Nun werden auch „Spazierflüge“ mit 150 km genauso dokumentiert wie „spontane“ (d.h. ohne vorher angekündigte Wendepunkte) große Streckenflüge. Bei guten Wetterlagen sind daher Strecken über 600 oder gar 900 km wie am Vortag keine Seltenheit mehr, Flüge bis 300 km zahlreich.

Erfahrungsaustausch

Nach diesem Rückblick ging es in die Praxis. Peter Simon (Segelfugreferent) griff das Thema Außenlandung anhand eines eigenen Fluges auf und schilderte, wie er sich ein Außenlandefeld ausgesucht hatte (glücklicherweise aber nicht nutzen musste). Er zeigte dazu entsprechende Luft- und anschließend Bodenaufnahmen. So wurde deutlich, wie sich ein von größerer Höhe betrachtetes, scheinbar gut geeignetes Feld tatsächlich durch Geländeneigung und andere Faktoren plötzlich als Herausforderung entpuppt. Es entstand eine lebhafte Diskussion, wie man die Situation doch noch sinnvoll in den Griff bekommen hätte können, welche Alternativen bestanden, wie und ob man Anzeichen für das Gefälle vorab hätte erkennen können usw. Weitere Erfahrungen wurden ausgetauscht.

Wetteranalyse

Will man heutzutage wissen, wie das Wetter wird, stehen zahlreiche Wetterdaten und -Vorhersagen zur Verfügung. Sich in diesem Datendschungel zurecht zu finden, die Analysen zu interpretieren und die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen um einen optimalen Flug danach zu planen, ist dagegen gar nicht so einfach. Simon erläuterte den Segelflugwetterbericht Toptask, Topmeteo, und die Temps und gemeinsam diskutierte man, was das für das Wochenende bedeutet.

Fazit

„Ok, morgen können wir erst mal ausschlafen. Zum Schulen wird es am Nachmittag reichen. Der Wind wird schwach sein und zu sehr aus Nord kommen, das wird nichts am Hang, Thermik sowieso nicht. Interessant für Streckenflug könnte der Sonntag werden. Das sollten wir im Auge behalten und uns morgens kurzschließen. Nächste Woche Freitag, 19:30 h treffen wir uns wieder. Dann können wir die Flüge vom Sonntag nach besprechen und die nächsten planen.“
Die Kantine führt übrigens auch alkoholfreies Bier, falls der nächste Tag Hammerwetter bringen sollte…

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